Ein Faser Adventskalender

Das war eine große Überraschung, und ich hatte echt Spaß im Dezember. Ein Kalender mit Wollfasern - eingesammelt bei den Schäfereien der Umgebung! Der erste Adventskalender in meinem Leben (soweit ich mich erinnern kann) bei dem es mir schwer fiel, nicht alles auf einmal zu öffnen.

Rätselraten

ich bekam eine Liste mit 24 Schafrassen, später folgten dann noch paar, die nicht auf der Liste standen - und durfte jeden Morgen raten, zu welcher Rasse die Probe gehört. Manchmal klappte das prima, aber meistens bin ich gescheitert - es wurde zwar einfacher, weil auf der Liste schon was abgehakt war, aber es kamen ja dann die nicht gelisteten dazu!

Ich verwende ein paar Begriffe zur Beschreibung der Vliese, die ich in einem vorgehenden Artikel erklärt habe: die Fasern eines Vlieses

ein Beispiel

am 18. Dezember kam aus so einer Tüte dieser Bausch heraus, viel Kraft in der Wolle. Ich hätte sofort auf Texel getippt, aber das war schon weg.

 

der Stapel

der genauer betrachtet wurde zeigte diese Eigenschaften:

Gelblicher, blockartiger Stapel ohne Spitzen, feiner Krimp der nicht markiert, Kraft. Und dann findet sich bei genauer Betrachtung etwas, dass es in Texelwolle nicht geben kann: kleine relativ zarte kurze schwarze Haare! für Kurzhaar eigentlich schon zu fein. Auf einem der Bilder thront eins auf dem Stapel.
Fasst sich übrigens Recht ölig an.
 
Wie komme ich damit zur Schafrasse? Diese kräftigen kurzen Wollen mit nicht markierendem Krimp finden sich bei Fleischschafen. Das geht auf den Einfluss der englischen Fleischrassen zurück, die im vorletzten und Anfang des letzten Jahrhunderts in die hiesigen Schafe eingekreuzt wurden um den Fleischertrag zu verbessern. Es könnte natürlich auch ein „Original“ englisches Fleischschaf sein! Ich vermute mal sie sind eher kurz, weil die Kraft nicht in die Wolle gehen soll. Man nennt diese Art Wolle „downtype“. Ich denke das liegt daran, dass die Fleischschafe in England in den Downs, den Niederungen wo das Gras viel Energie enthält, gehalten werden. Auf den Hills werden Kreuzungen gehalten, die etwas genügsamer sind und ganz oben Landschafe – je nach Futtergrundlage!

schwarzköpfiges Fleischschaf

Bei den Fleischschafen gibt es welche mit schwarzen Köpfen und welche mit weißen Köpfen. Wegen der einzelnen schwarzen Haare tippte ich auf eine Rasse mit schwarzer Kopf-/Beinbehaarung. Weiter kam ich dann aber nicht, der Rest war raten (und da war ich schlecht). – Die Lösung war Schwarzkopfschaf! (Foto folgt, wenn ich mal welche sehe)

Beispiel Nummer zwei

ein komplett anderer Stapel, das sieht man sofort. Nicht Blockartig, sondern spitz zulaufend. Außerdem ist die Wolle farbig.

verschiedene Fasern

finden sich in diesem Stapel. Kurzhaar, Wollfasern und ziemlich langes Langhaar. Ein typisches Triplecoat - dreifach Mantel. Das weist auf die Gruppe der kurzschwänzigen Heideschafe hin, die meistens Triplecoats oder auch Doublecoats haben (dann ohne Kurzhaar).

Skudde

es handelt sich um einen Stapel von einer Skudde  - einer schwarzen. Hier auf dem Bild seht ihr einen jungen braunen Skuddenbock im Spätsommer. Schön zu sehen ist das überhängende Deckhaar, das im laufe des Jahres bis zur Schur im nächsten Frühsommer noch wachsen wird!

Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Neben den  Faserarten die im Vlies vertreten sind erhält man also weitere Informationen aus dem Aufbau des Vlieses. Ist ein Stapel blockartig, blockartig mit leichten Spitzen, mit starken Spitzen, ist er Spitz zulaufend und sehr lang? Bei den spitz zulaufenden ist in der Regel Langhaar mit Unterwolle vorhanden (Doublecoat) manchmal ist noch Kemp dabei (Triplecoat). Und: hat das Vlies Kraft? – das lässt sich am besten am Tier begutachten. Ich drücke die Wolle zusammen und sie bleibt so oder sie hüpft zurück in die ursprüngliche Form: Kraft in der Wolle. Und manchmal hat auch der Geruch geholfen: beim Alpaka wollte der Adventskalenderfüller mich foppen. Klar war: kein Schaf! Aber dann, oje. Auf Alpaka bin ich nicht gekommen, Hund, Kaninchen, Katze, Ziege (wobei ich das hätte riechen sollen)… Interessant ist auch der Unterschied des Wollfettes, mal viel, mal wenig, mal talgig, mal ölig.

Alle Proben

Insgesamt waren es dann 33 Proben die hier so nach und nach zusammengekommen sind und es gäbe da noch ein paar die mich interessieren würden. Alle detailliert vorzustellen wäre jetzt wohl ein wenig übertrieben.

Von jeder Probe kam ein Strang auf ein A6 Papierchen. So könnt ihr die Größe vergleichen und ich kann mir auf der Rückseite vermerken, was für ein Schaf dazu gehört.

Ihr könnt eines der Bilder anklicken, dann öffnet sich eine Diaschau - und oben links erscheint dann auch der Name der dazugehörigen Schafrasse!

Intuitiv und ohne Nachzudenken

Irina Böhme hatte die Idee, die Fasern doch mal zu sortieren. Intuitiv, ohne Nachzudenken - was ja immer schwer ist, wenn man sich gerade soviele Gedanken gemacht hat. Unbedarfte und bedarfte Besucher habe ich auch noch nicht so recht verlocken können. Die unbedarfte war mit Enkeln abgelenkt (meinen, ihren Kindern) die andere hatte viel zu erzählen und war nicht ganz bei der Sache.

Hier also meine Sortierung die vermutlich nicht intuitiv und mit Nachdenken entstanden ist.

Feinwoller

das komplette Vlies besteht aus feiner Wollfaser, Krimp ist reichlich vorhanden, die Fasern markieren, wenig Kraft in der Wolle

von links: Merino Landschaf, Border Leicester, Shetland, Merino Fleischschaf,

Border Leicester und Merino Fleischschaf sind außen ziemlich verklebt, was nicht so untypisch ist.

Blockartig

Ein komplett blockartiges Vlies fand sich bei Schwarzkopf und Zwartbles. Kraft in der Wolle, recht elastischer Krimp, fühlt sich aber nicht kratzig an, öliges Fett. Das war das was ich mir unter Downtype Wolle vorgestellt hatte. Ob ich da richtig liege, weiß ich nicht.
Der Krimp ist im Gegensatz zu den Feinwollern nicht so regelmäßig, dass er markiert.

Blockartig mit Spitze

Blockartig mit Zipfeln / Downtype Wool mit leichter Tendenz zur Schlichtwolle? einheitliche Wolle, keine /wenige Haare aber etwas gröber und schlichter gewellt als die Feinwoller und mehr Kraft als diese. Ein paar markieren, aber nicht so deutlich wie die Feinwolle - größtenteils Wolle von Fleischschafen. Sehr schöne, überraschend weiche Wollen mit Kraft! V.l.n.r.:, OFM weiß, Texel, Suffolk, Jakobsschaf, Bentheimer, Hampshire Down (kardiert)

Schlichtwollen?

Blockartig mit Zipfeln, tendenziell Schlichtwollen – mit schlichteren Bögen die den Krimp bilden - aber im längeren Stapel und als Mischwolle, die Langhaar und Wollfaser – eventuell auch wooly heterotypes enthält. unten: Pommern feiner Typ, Waldschaf, Waliser Schwarznase, oben: Ostfriesisches Milchschaf schwarz, Charmoise, Rhönschaf.

Mischwolle im Block

Blockartig mit Zipfeln aus Mischwolle.

Diese Gruppe hat wegen der Grannen zusammengefunden. Ganz am Schluss habe ich auch noch die Heidschnucke mit einsortiert, aber gerade zweifle ich wieder ob sie nicht doch besser zu den spitz zulaufenden Triplecoats gehören sollte. Dann hätten wir hier Triplecoats mit sehr gleichmäßiger Länge. Wie dem auch sei: Herdwick, Heidschnucke, Pommern grober Typ, Guteschaf

Triplecoat

(dreifach Mantel) langes Langhaar, feine Unterwolle und Kemp oder – beim Krainer: stattdessen mit kempy heterotypes. Die Stapel sind sehr Haarbetont.
Nach der Zählung von Frau Kurt-Kun enthält z.B. ein Skuddenvlies auf 8 Wollfasern zwei Langhaare und ein Kurzhaar. (Aus einem Säulendiagramm kniepend abgelesen). Wenn man dann bedenkt, dass die Länge und Dicke eines Langhaars deutlich höher ist, ergibt sich ein sehr haariger Faden beim verspinnen.

Doublecoat

Doppel-Mantel aus zwei Faserarten sehr langes Langhaar und feine deutlich kürzere Unterwolle: Norsk Spaelsau und Islandschaf: sehr kuschelig, auch wenn man das Langhaar mit verspinnt. – Doof wird es nur, wenn das Langhaar geschnitten wird, weil es den Spinnmaschinen zu lang ist. (die Schnittstellen pieksen gerne mal)

Auf Island üblich ist auch eine Verarbeitung der voneinander getrennten Fasern: feine Unterwolle und Langhaar werden auseinandergezogen (dafür mit der einen Hand die wollige Seite und mit der anderen die haarige fassen). So erhält man zum einen kuscheliges Pullovergarn und zum anderen haltbare Garne für den Gebrauch in der Landwirtschaft: Heunetze, Käsesiebe aber auch Fersen der Socke.

Haarbetonte Vliese

Haarbetont, kurz, und doch sehr unterschiedlich: oben in Bunt Gotland und Ouessant, wobei ich vermute, dass Ouessant sonst länger ist, Gotland zweimal im Jahr geschoren wird. Sind beides lockige, weiche Haare. Rechts daneben Alpaka- sehr fein und reines glattes Haar. Unten Walache, dickes ziemlich reines Haar (soll nicht ganz typisch sein) und rechts daneben, leider schon kardiert: Zackelschaf.

übrig geblieben

sind dann noch ein paar Proben, die von Lämmern stammen, oder bei denen nur die Spitzen abgeschnitten wurden. Überprüfen möchte ich auch diejenigen, die kardiert eingefügt wurden:

Shropshire, Leineschaf, Coburger Fuchs, Hampshire down, Bergschaf (Tschegge)

Von einigen bekomme ich noch Fasern zugeschickt, eine Fortsetzung könnte also folgen!

 

Literatur

Wer das Thema vertiefen möchte, der kann ich folgende Bücher empfehlen:

The Fleece & Fibre Source Book von Deborah Robson - auf Englisch, Beschreibung der Fasern von englischen und amerikanischen Rassen.

Schafe und Wolle in Europa von Betty Stickers - aus dem Niederländischen ins Deutsche Übersetzt, über Fasern der Rassen vom Kontinent,
zu beziehen über Irina Böhme Driftwool - Schafe und Wolle

Farbatlas der Nutztierrassen von Hans Hinrich Sambraus, in mehreren Auflagen, jeweils mit Erweiterung: Beschreibung alter Nutztierrassen aus dem deutschsprachigen Gebiet: Schweine, Kühe, Schafe, Ziegen, Pferde. Über die Wolle erfährt man allerdings wenig (Wollertrag, kurze Beschreibung der Eigenschaften)

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